ALLGEMEINES
Zwischen 70 und 80% der Bevölkerung leiden gelegentlich unter Kopfschmerzen oder sind sogar regelmäßig davon geplagt. Ungefähr 65 Mio. Packungen von Schmerzmitteln werden rezeptfrei pro Jahr vom Apotheker verkauft. Etwa 40% der Zwölfjährigen behandeln Kopfschmerzen bereits mit Medikamenten. Diese Zahlen sind alarmierend.
AKUTER KOPFSCHMERZ
Ein akut auftretender Kopfschmerz ist meist harmlos. Als Auslöser kann Vieles in Betracht kommen:
WAS KANN MAN TUN ?
Oft reicht es schon aus, sich erst einmal richtig zu entspannen, an die frische Luft zu gehen und gleichmäßig tief ein- und auszuatmen. Oder man legt sich hin, öffnet das Fenster und atmet wie beschrieben. So löst sich meist schon die Anspannung, und der Schmerz schwindet. Auch feuchtkalte Kompressen für Stirn oder Hinterkopf und kreisende Fingermassage mit leichtem Druck im Bereich von Schläfen und Nacken sind wohltuend. Evtl. kann man Heilöle oder im Nacken auch Franzbranntwein oder Zitronensaft verwenden, aber Vorsicht: nicht mit den Fingern in Nähe der Augen kommen, da sonst üble Verätzungen entstehen können.
ALLGEMEINE VORBEUGUNG
Gesunde Lebensführung, viel Bewegung an der frischen Luft, Muskelentspannung nach Jacobsen, autogenes Training oder andere Entspannungstechniken.
MEDIKAMENTE
Gegen eine Schmerztablette im akuten Anfall bei sonst schwer erträglichen Schmerzen spricht nichts. Die unkontrollierte, leichtfertige Einnahme von Schmerzmitteln sollte jedoch vermieden werden. Einen "Konsum" von regelmäßig mehr als drei Tabletten pro Monat halten Ärzte bereits für bedenklich und raten dann dringend zur Abklärung dieses Kopfschmerzes und zur Einleitung einer spezifischen Therapie unter Kontrolle eines Arztes (Hausarzt, Neurologe, Schmerztherapeut, Psychotherapeut etc.). Von den verschiedenen Medikamentengruppen sind am gebräuchlichsten die Acetylsalicylsäurepräparate, besser bekannt als ASS von verschiedenen Firmen oder als Aspirin. Auch Tabletten der Stoffgruppe Paracetamol und Ibuprofen werden verwandt. Darüber hinaus gibt es sog. Kombinationspräparate, die zusätzlich noch Codein oder Koffein enthalten. Man sollte sie nur sehr zurückhaltend verwenden, weil sie die Gefahr der entstehenden Abhängigkeit in sich bergen. Was viele nicht wissen: Bei regelmäßiger Einnahme von Schmerzpillen können diese ihrerseits einen Dauerkopfschmerz auslösen, der sich fast gar nicht mehr beeinflussen lässt. Dann muss erst eine mühsame, meist stationäre Medikamentenentwöhnung erfolgen, bevor das eigentliche Kopfschmerzleiden behandelt werden kann!
CHRONISCHER KOPFSCHMERZ
Leidet man nicht nur gelegentlich, sondern sehr häufig unter Kopfschmerzen, so sollte dies ein Signal sein, das Leiden untersuchen zu lassen!
Man sollte täglich einen Schmerzkalender führen und eintragen, wann und wie häufig die Schmerzen auftreten, wie lange sie dauern und wie intensiv sie empfunden werden. Es ist auch die Lokalisation
wichtig: an der Stirn, an den Schläfen, hinten am Kopf, von hinten nach vorn ziehend, einseitig oder diffus, mit oder ohne Beteiligung des Gesichtsbereichs usw.
Damit noch nicht genug: Auch die Frage, ob begleitend Fieber, Übelkeit, Gelenk-Muskel-Schmerzen, Sehstörungen, Schwindel oder andere Symptome
auftreten, ist aufschlussreich. Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit Muskelverspannungen, eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung, sanierungsbedürftige Zähne, Augen- und Ohrenerkrankungen,
Nierenleiden und seltene rheumatologische Krankheiten mit Entzündung kleiner Gefäße im Kopfbereich können starke Kopfschmerzen bewirken und sollten dem behandelnden Arzt genannt bzw. von ihm
abgeklärt werden. Aus der Vielzahl der Fakten, Ihrer Krankengeschichte und den persönlichen Angaben des Schmerzkalenders wird der Arzt die Ursache Ihres Kopfschmerzes herausfinden, evtl. noch einige
Untersuchungen veranlassen und eine adäquate Therapie vorschlagen.
MERKE
Man sollte sich nicht einfach mit seinem Kopfschmerz abfinden, sondern den Ursachen gezielt auf den Grund gehen. Nur so ist eine wirksame
Therapie möglich. Ändern sich Art, Intensität oder Dauer eines seit langem bestehenden Kopfschmerzes, sofort den Arzt aufsuchen, weil sich eine andere Ursache aufgepfropft haben kann. Bei
Kopfschmerzen im Rahmen einer Infektion mit Fieber, evtl. sogar Nackensteifigkeit, sofort ärztlichen Rat holen! Es kann sich eine Hirnhautentzündung anbahnen. Kopfschmerz nach einem Sturz oder Unfall
nicht selbst behandeln, sondern abklären lassen!
Die Angst vor einem Hirntumor bei chronischem Kopfschmerz ist in aller Regel unbegründet, weil sich zuerst viele andere Symptome zeigen: Schwindel,
Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen etc.
MIGRÄNE
Kopfschmerzen allein sind noch keine Migräne. Erst wenn einseitige hämmernde, bohrende und/oder pulsierende Schmerzen attackenartig auftreten, über 4 bis 72 Stunden anhalten und begleitet sind von Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen, Lärm- und Lichtempfindlichkeit oder Schleier- und Flimmersehen, so liegt sicher eine Migräne vor. Schmerzlokalisation und -intensität können unterschiedlich sein. Meist läuft eine Migräne in drei Phasen ab: einer Vorphase mit vermehrter Reizbarkeit, Appetitverlust und Stimmungsschwankungen, manchmal einer sog. Aura mit Sehen von Blitzen, silbrig glänzenden Sternen, Bögen und Flimmern ca. eine halbe Stunde vor Beginn der eigentlichen Schmerzattacke, dann Einsetzen der eigentlichen Kopfschmerzphase mit allen Begleitsymptomen und schließlich eine langsame Erholungs- oder Rückbildungsphase über ca. 12 bis 24 Stunden, in denen sich die Betroffenen noch müde und wie ausgelaugt fühlen.
URSACHEN
Was sich genau bei einer Migräneattacke im Kopf abspielt, darüber gibt es verschiedene Theorien. Die meisten Wissenschaftler glauben heute, dass eine Entzündung in Umgebung der Blutgefäße die Schmerzen auslösen. Das Migränezentrum, wo die Schmerzen entstehen, befindet sich im Hirnstamm. Hier sendet ein Ast des Trigeminusnerven bei starker Reizung einen Cocktail verschiedener chemischer Botenstoffe aus. Mit seinen Nervenendigungen sorgt er für eine Erweiterung der Gefäße. Es treten Blutbestandteile aus und führen im umliegenden Gewebe zu einer vorübergehenden Entzündung, die ihrerseits Schmerzfasern reizt. Der Kopfschmerz entsteht und wird im Gehirn unterschiedlich und individuell verarbeitet. Der Migräne liegt eine Übererregbarkeit des Hirnstamms zugrunde. Äußere Faktoren können zu einer Überreizung führen und eine Migräneattacke auslösen: Streß oder die Entspannung danach, Alkohol, unregelmäßige Schlaf-Wach-Phasen (das Ausschlafen am Wochenende z.B.), Zitrusfrüchte, Schokolade, Käse oder Rotwein. Viele Frauen leiden vor, während oder nach der Periode unter Migräne, hier sind u.a. hormonelle Schwankungen auslösend. Auch aufgestaute Aggressionen bei einem Streit oder die Angst, in einer Situation zu versagen, können eine Attacke auslösen.
BEHANDLUNGSMÖGLICHKEITEN
Diagnosestellung und Abklärung anderer Ursachen. Wichtig Migränekalender führen, um Art, Dauer, Auslöser, Vorboten und Medikamentenwirkung kennen zulernen und so eine individuelle Therapie einzuleiten (zu beziehen über den Arzt oder beim Bundesverband deutsche Schmerzhilfe - s.u.). Schmerzmittel nur gezielt und wenn unbedingt erforderlich. Mittel gegen Übelkeit und Brechreiz frühzeitig einnehmen. Auslösende Faktoren nach Möglichkeit ausschalten Ruhe, Zimmer verdunkeln, abschalten, entspannen, sich vom Alltag abschirmen, Muskelentspannung nach Jacobsen, Autogenes Training, Stressbewältigungstraining, Akupunktur, Biofeedback und Verhaltenstherapie.
Langzeitmedikation mit "Migränemitteln" nur im Rahmen einer ärztlichen Behandlung. Ansprechpartner: Kinderärzte, Neurologen und Schmerztherapeuten sowie Kopfschmerzambulanzen in Krankenhäusern der Umgebung oder Unikliniken.
KONTAKTADRESSEN
Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft
Generalsekretariat
Prof. G. Haag
Etztalklinik
Pfauenstr. 6
79215 Elzach- Oberprechtal
Bundesverband Deutsche Schmerzhilfe e.V.
Woldsenweg 3
20249 Hamburg
Gesundheitstelefon zum Thema Kopfschmerz
Adressen von Schmerzambulanzen und Schmerztherapeuten über den behandelnden Arzt oder die örtlichen Ärztekammern erhältlich.
LITERATURHINWEISE
H.-Chr. Diener: Migräne. Informationen und Ratschläge
Piper Verlag
München
Renate Scholz: Migräne - Gewitter im Gehirn
dtv Ratgeber
ISBN 3-.88897-068-7
V. Pfaffenrath: Migräne und Kopfschmerzen
Wort u. Bild Verlag
Postf. 702069
81320 München
C. Peck: Schmerz, lass nach - Selbsthilfe bei chron. Schmerzen
rororo Verlag
ISBN 3-79850- 962-X
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